Park Schönbusch
Der weitläufige Park Schönbusch, drei Kilometer westlich der Innenstadt Aschaffenburgs, lädt mit seinem über 20km langen Wegenetz zu ausgedehnten Spaziergängen im Grünen ein. Der Mainzer Erzbischof Friedrich Karl von Erthal ließ das 'Nilkheimer Wäldchen', ein kurfürstliches Wildgehege, ab 1775 im noch wenig bekannten englischen Stil umgestalten und als 'Volkspark' öffentlich zugänglich machen. Der Schönbusch ist damit einer der frühesten Landschaftsgärten Süddeutschlands.
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Geschichte
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Nahe ihrer kurfürstlichen Nebenresidenz, Aschaffenburg, verfügten die Mainzer Erzbischöfe im 'Nilkheimer Wäldchen' über ein Wildgehe zur Jagd. Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal (reg. 1774-1802) ließ dieses schon kurz nach seinem Amtsantritt grundlegend umgestalten. Unter maßgeblicher Mitwirkung seines Staatsministers Graf Wilhelm von Sickingen und des Architekten Emanuel d'Herigoyen wurden ab 1775 künstliche Seen und Wasserläufe ausgehoben, Hügel aufgeschüttet und ein geschlängelter Gürtelweg angelegt.
Zur Vollendung der Gartenanlage war spätestens seit 1783 Friedrich Ludwig von Sckell, einer der bedeutendsten frühklassizistischen Gartenkünstler, hinzugezogen worden. Sckell konnte hier erstmals die in England erlernten Grundsätze der landschaftlichen Gestaltung in einem als Ganzes neu angelegten Park anwenden. Zum 1778-1782 erbauten Gartenschloss im Zentrum kamen unter seiner Ägide bis 1788/89 die meisten Staffagebauten, eingebettet in reizvolle Landschaftsbilder, hinzu: Hirtenhäuser, Dörfchen, Freundschaftstempel, Philosophenhaus, Aussichtsturm, Speisesaal und die Rote Brücke. Darüber hinaus das Wirtschaftsgebäude im Eingangsbereich.
Nach der Säkularisation des Mainzer Kurstaats und dem Ende des Alten Reiches kam der Schönbusch mit dem Großteil des ehemaligen Mainzer Oberstiftes 1814 an das neu geschaffene Königreich Bayern und gehörte bis zum Ende der Monarchie 1918 zu den königlichen Hofgärten. Heute ist die Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen für den Park verantwortlich.
Seit 1974 schließt sich im Südosten ein damals neu geschaffener Parkteil an, der den historischen Park über das Industriegleis der Bachgaubahn hinweg fortsetzt und mit den Parkanlagen des Nilkheimer Hofs an der Großostheimer Straße verbindet. Die Nilkheimer Kapelle an der Südspitze dieses Areals stammt von 1720 und steht an der Stelle eines Vorgängerbaus.
Im ehemaligen Küchenbau befindet sich ein Besucherzentrum, das mit seiner Ausstellung 'Alles scheint Natur' über die facettenreiche Geschichte des Landschaftsgartens informiert.
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Die Landschaft
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Die Gestaltung der von großflächigen Wiesen und breiten Wiesentälern durchzogenen Wald- und Seenlandschaft ging von drei engen und schnurgeraden Jagdschneisen der vormaligen Fasanerie aus, die aufgeweitet und mit unregelmäßig vor- und zurückschwingenden Baumrändern versehen wurden. Ähnliche Landschaftsbilder hat Sckell im Englischen Garten in München geschaffen. Zu Beginn der Umgestaltung war mit dem großen Kanal, der noch ganz in der Tradition barocker Gartenkunst steht, eine vierte Schneise hinzugekommen. Die Kaskade an ihrem Südende (1779, verändert 1785) bindet den Kanal er in die naturnäher gestaltete Umgebung ein. Durch das gekonnte Verschneiden der Sichtschneisen mit dem Wegenetz und dem Gewässersystem werden unzählige malerische Szenerien geschaffen, Landschaftskulissen erzeugt und die Bauwerke inszeniert.
Im Norden weitet sich die Parklandschaft mit dem drei Hektar großen Unteren See und dem ursprünglich viereinhalb Hektar großen Oberen See enorm. Die begrenzten Wasservorräte schränkten die Gestaltungsmöglichkeiten jedoch ein. Da selbst die Umleitung des Welzbachs für die Speisung der Gewässer nicht ausreichte wurde im 19. Jahrhundert mit einem eigenen Dampf-Pumpwerk Wasser aus dem Main in den Park gefördert. Aufgrunddessen besitzt der Obere See heute nur noch gut vier Prozent seiner ursprünglichen Fläche. Der Blickfang am Nordende des Parks, die Rote Brücke (1789/90), ist 1934 um etwa 20 Meter parkeinwärts an die heutige Stelle versetzt worden, um die bis dahin über sie verlaufende Straße, die heutige B26, zur Fernverkehrsstraße ausbauen zu können. Die drei künstlichen Hügel zwischen Orangerie und Unterem See stellen die einzigen größeren Erhebungen auf dem Parkgelände dar.
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Schloss Schönbusch
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Der Kurfürstliche Pavillon - das Gartenschloss - liegt unmittelbar am Unteren See im Zentrum des Parks und ist durch eine Sichtachse mit dem Stadtschloss Johannisburg verbunden. Er wurde 1778-1782 im frühklassizistischen Stil erbaut; der Innenausbau fand bis 1787 statt. Erst seit dem 19. Jahrhundert - unter den bayerischen Königen - wird er 'Schloss Schönbusch' genannt.
Die Schauseite des zweigeschossigen Gebäudes auf rechteckigem Grundriss weist nach Osten, zum See, und wird durch einen Mittelrisalit leicht betont. Eine Balustrade verdeckt das niedrige Walmdach. Es besitzt zehn Räume, die im Louis-seize-Stil möbliert sind. Der Zutritt ist nur im Rahmen von Führungen möglich.
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Parkgebäude
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Das Wirtschaftsgebäude im Eingangsbereich des Parks wurde 1781-1783 als Küchenbau errichtet und beherbergt seit jeher eine Gastwirtschaft mit Biergarten. Südlich davon liegen die Orangerie (erbaut 1784-1785), der Speisesaal (1787-89) und der Tanzsaal (1801-1802).
Das schlichte Philosophenhaus (1785-87) mit Dreiecksgiebeln auf allen Seiten liegt auf der westlichen Seite des Parks. Neben Philosophenbüsten aus Stuck beherbergt es die 1811 aufgestellte Stuckmarmorgruppe 'Fortuna bei der Urne des Schicksals' von Heinrich Philipp Sommer. Nicht weit entfernt steht auch der Freundschaftstempel (1786-89), ein Kuppelbau mit Säulengang und allegorischem Figurenschmuck sowie perspektivischer Kassettenverkleidung im Inneren.
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Staffagebauten und Installationen
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In die Landschaft kunstvoll eingebettet finden sich die aus mehreren Hirtenhäusern bestehende 'Wacht' (1784-85) und das Dörfchen (1788-89), eine Gruppe kleiner Bauernhäuser. Vorbild für derartige Staffagen ist das Hameau im Park von Versailles.
Der Aussichtsturm ist 1776–1790 auf einem der künstlichen Hügel als Holzfachwerkturm mit ausgemauerten Gefachen errichtet worden, musste wegen Baufälligkeit jedoch 1867 in Stein neugebaut werden. Seit seiner denkmalgerechten Sanierung 2010 ist die Aussichtsplattform im Rahmen von Führungen wieder zugänglich. Von Westen her ist er über die Teufelsbrücke zu erreichen.
An verschiedenen Stellen im Park befinden sich kleinere Installationen:
- das Kotzerbrünnlein, ein Wasserspeier mit bronzenem Löwenkopf am Südende des unteren Sees
- ein Bienenstand mit pagodenartigen Dächern (1776)
- acht Schwanenhäuser (1777)
- mehrere Fasanenhütten, die noch aus der Zeit als Wildpark stammen
Im 'Tal der Spiele', westlich des Philosophenhauses, waren bereits 1777 Spielgeräte aufgestellt:
- ein Karussel
- der bekannte 'Aschaffenburger Maulaff' - ein Wurfspiel
- ein Schaukelspiel
- ein Kegelspiel
- ein hölzerner Vogel zum Vogelschießen
Spätere Ergänzungen:
- Hecken-Irrgarten neben der Orangerie: Die siebenringige Kreis-Anlage entstand Ende der 1820er Jahre, wurde 1898 neu angelegt und 1948 im Durchmesser vergrößert. Heute befindet sich ein Ginkgobaum im Ziel.
- Siebolddenkmal: Im Westen des Parks, unweit des Freundschaftstempels erinnert ein Gedächtnisstein mit Marmorbüste an das über drei Jahrzehnte bis zu seinem Tod im Jahr 1876 währende Wirken des Hofgärtners Christian Heinrich Siebold. Das auf Anregung des Aschaffenburger Verschönerungsvereins von Michael Wagmüller geschaffene Denkmal wurde 1880 enthüllt.
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Literatur und Links
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Jost Albert, Werner Helmberger: Der Landschaftsgarten Schönbusch bei Aschaffenburg. Beiträge zur Gartengeschichte und Gartendenkmalpflege 1, Worms 1999.
Volker Hannwacker: Friedrich Ludwig von Sckell. Der Begründer des Landschaftsgartens in Deutschland, Stuttgart 1992.
Werner Helmberger, Jost Albert (Ed.): Schloß und Park Schönbusch, Aschaffenburg. Amtlicher Führer. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, München 2010.
weiterführende Links:
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen