Ringwall Bürgstadter Berg
Oberhalb von Bürgstadt liegt eine der größten vorgeschichtlichen Befestigungen in Mainfranken: die rund 3 km lange Wall-Graben-Anlage umschließt eine Fläche von 40,3 Hektar - so groß wie etwa 60 Fußballfelder! Erstmals befestigt wurde das Areal in der Jungsteinzeit, der gewaltige Ringwall stammt aber aus der späten Bronzezeit. Beim Durchschreiten des nach Grabungsergebnissen rekonstruierten Tors können sich Besucher eine realistische Vorstellung von der 3000 Jahre alten Befestigung machen.
Bis vor rund 30 Jahren war kaum etwas über die Wehranlage bekannt, außer dass sie vorgeschichtlich sein musste. Grabungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in den Jahren 1987 und 1988 brachten endlich etwas Licht ins Dunkel. Die grundlegenden Erkenntnisse zur Datierung und Konstruktion der Befestigung mündeten in der Rekonstruktion des spätbronzezeitlichen Tors und der Installation von Informationstafeln, um das gewonnene Wissen vor Ort verständlich und erfahrbar zu machen.
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um 3200 v.Chr. (Jungsteinzeit): 'Michelsberger Kultur'
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Typische Kermikgefäße, zum Beispiel sogenannte 'Tulpenbecher', und zwei 14C-Datierungen (3240 und 3080 v.Chr. plus-minus 120) belegen, dass der Bürgstadter Berg im späten Neolithikum besiedelt worden ist. Und zwar von Menschen, die in der Tradition der etwas älteren, sogenannten 'Michelsberger Kultur' standen, wie die gefundene Keramik zeigt. Die Überreste eines älteren, nur etwa 1,20 m breiten Grabens unter dem bronzezeitlichen Wall werden dieser Periode zugeschrieben. Er folgte wahrscheinlich der Hangkante und könnte auf der Innenseite mit einem Zaun oder einer Palisade gesichert worden sein. Diese sind allerdings nicht nachgewiesen. Der Bürgstadter Berg ist damit ein Vertreter der für die Michelsberger Kultur und deren regionale Nachfolgekulturen typischen befestigten Höhensiedlungen. Über die Bebauung und Nutzung der Innenfläche ist leider nichts bekannt. Die zeitgleichen Höhensiedlungen in benachbarten Regionen waren in der Regel dauerhaft von einer relativ großen Zahl Menschen bewohnt.
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um 1000 v.Chr. (späte Bronzezeit): Stein-Erde-Wall
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Etwa 2000 Jahre nach seiner Erstbesiedelung und -befestigung wurde das Plateau in der sogenannten 'Urnenfelderzeit' erneut besiedelt. Unübersehbares Relikt dieser Phase ist der gut 3 km lange und noch bis zu 2 m hohe Erdwall mit vorgelagertem Graben. Es handelt sich dabei um die durch jahrtausendelange Erosion verschliffenen Reste einer Stein-Erde-Mauer. Der aus dem Grabenaushub aufgeschüttete Wall war ursprünglich deutlich höher und besaß außen eine Trockenmauer als Vorblendung. Nach innen bildete der Wall eine flache Erdrampe. Die Mauerkrone dürfte als hölzere Brustwehr konstruiert gewesen sein, von ihr ist jedoch nichts mehr erhalten. Das bislang einzige bekannte Tor lag im Osten, ausgerichtet auf den in dieser Richtung liegenden Geländesattel zum benachbarten Wannenberg. Es ist die einzige Seite, wo das Gelände kaum abfällt, 200 Meter weiter östlich sogar wieder ansteigt. Die ca. 2,50 m breite Tordurchfahrt wird gebildet, indem die Blendmauern des Walls rechtwinklig nach innen einknicken. Ob der Wehrgang mittels einer Brückenkonstruktion über die Durchfahrt verlief, ist nicht bekannt aber anzunehmen. Etwa 4 Meter vor der Stein-Erde-Mauer verlief der bis zu 8 m breite und 3 m tiefe Graben.
Wie und wie lange der Ringwall genutzt wurde, ist hingegen nicht klar. Da nur sehr wenige Keramikfragmente aus dieser Zeit gefunden wurden, gab es wahrscheinlich keine dauerhafte Siedlung im weitläufigen Inneren. Menschen waren offenbar nur sporadisch oder saisonal anwesend. Angesichts der gigantischen Dimension der Stein-Erde-Mauer und dem damit verbundenen Arbeitsaufwand muss die Wehranlage dennoch von großer Bedeutung gewesen sein. Eventuell diente sie den Siedlungen im Maintal als Fliehburg in Notsituationen.
Die Blendmauer des Walls ist mindestens einmal erneuert worden, indem eine neue Trockenmauer vor der alten aufgeschichtet wurde. Dabei ist auch das Tor vermauert und die Durchfahrt mit Aushub aus dem Graben verfüllt worden. Wie der Ringwall danach zugänglich war, ist nicht sicher. Eventuell ist eine ca. 4 m breite Unterbrechung an der südöstlichen Spitze des Walls das Relikt eines weiteren Tors. Wann diese Reparaturen und Veränderungen vorgenommen wurden - schon nach wenigen Jahren oder erst nach mehreren Jahrhunderten - lässt sich leider nicht sagen. Es wäre also möglich, dass die Befestigung über mehrere Jahrzehnte hinweg instandgehalten wurde. Sie könnte aber auch verlassen worden und nach einer längeren Zeit des "Leerstands" wieder instandgesetzt worden sein.
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um 500 v.Chr. (vorrömische Eisenzeit):
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Eine einzelne datierbare Keramikscherbe, die zeitlich vom Übergang von der 'Hallstattzeit' zur 'Latènezeit' stammt, legt nahe, dass der Bürgstadter Berg auch in der Mitte des ersten vorchristlichen Jahtausends zumindest sporadisch von Menschen aufgesucht wurde. Von den Ausgräbern wird die nachgewiesene Instandsetzung der Stein-Erde-Mauer mit diesem keltischen Zeithorizont verknüpft. Das ist möglich, aber nicht besonders plausibel. Die Mauer wurde in der bronzezeitlichen Konstruktionsweise erneuert. Bei einer Reaktivierung nach mehreren Jahrhunderten des Verfalls ist jedoch eher mit einer 'modernen' Bauweise zu rechnen. Um 500 v.Chr. wäre das eine Stein-Erde-Mauer mit integriertem Holzgerüst zur Stabilisierung: eine sogenannte 'Pfostenschlitzmauer'. Angesichts der extrem seltenen Funde aus dieser Zeit, scheint es am plausibelsten, dass der ruinöse spätbronzezeitliche Ringwall in keltischer Zeit nicht reaktiviert, sondern nur von Einzelpersonen wie Hirten oder Jägern aufgesucht wurde.
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Literatur und Links
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Ludwig Wamser: Abschluss der archäologischen Untersuchungen am Ringwall auf dem Bürgstadter Berg.
In: Das archäologische Jahr in Bayern 1988, Stuttgart 1989, S. 66-68.Christoph Rytka: Ein Schnitt durch den Ringwall auf dem Bürgstadter Berg.
In: Das archäologische Jahr in Bayern 1987, Stuttgart 1988, S. 65-68.Heinrich Habel/Helga Himen (Ed.): Denkmäler in Bayern – Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Geländedenkmäler: Band VI. Unterfranken. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), München 1985.
Björn-Uwe Abels: Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler Unterfrankens. (Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Reihe B, Band 6), Kallmünz 1979, S. 129.
weiterführende Links:
Burglandschaft Spessart und Odenwald
Europäischer Kulturweg "Mainhölle und Bildermeer"
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Heimat- und Geschichtsverein Bürgstadt
DREI AM MAIN Tourismusgemeinschaft
Bürgstadt ist außerdem End- bzw. Startpunkt des Fränkischen Rotwein-Wanderwegs.