Schlösschen Michelbach - Museum der Stadt Alzenau
Schloss, Gutshof, Atelier, Sozialwohnung, Kindergarten, Altenheim, Museum - Das Schlösschen in Michelbach hat schon viele verschiedene Nutzungen erfahren. Im Ursprung geht es auf ein Wasserschloss bzw. eine Niederungsburg des örtlichen Adelsgeschlechts zurück.
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Geheimnisvoller Ursprung
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Es steht außer Zweifel, dass das Schloss auf einen Vorgängerbau zurückgeht. Die Lage in der Aue, unmittelbar nördlich der Mündung des Weibersbachs in die Kahl, ist prädestiniert für eine Niederungsburg mit Wassergraben bzw. in der Renaissance für ein Wasserschloss. Ob Reste davon noch im heutigen Gebäude stecken, eventuell auch nur im Fundament, ist unbekannt aber zu vermuten.
Die älteste Darstellung Michelbachs auf der sogenannten 'Jordan'schen Karte' von 1592 zeigt ein großes mehrstöckiges Gebäude im Zentrum des Dorfes. Hierbei könnte es sich um einen spätmittelalterlichen Wohnturm in der Art eines 'Weiherhauses' handeln. Ein örtliches Niederadelsgeschlecht, das als Erbauer und Besitzer infrage kommt, tritt erstmals 1234 in Gestalt eines Wigand von Michelbach urkundlich in Erscheinung. Seine Witwe verstarb 1245 als Nonne im Kloster Himmelthal bei Elsenfeld-Rück. Die Herren von Michelbach sind bis 1435 nachweisbar und standen in Lehensabhängigkeit zu den Herren von Ronneburg. Im 16. Jahrhundert besaß die Abtei Seligenstadt in ihrem Erbbestand ein großes Gut mit ausgedehnten Ländereien in Michelbach - womöglich ebendiesen Adelssitz mit dem zugehörigen Wirtschaftshof.
Auch die Parzellenkarte des Bayerischen Urkatasters von 1846 weist auf eine Vorgängeranlage hin: Um das Schloss herum bestand damals noch ein 30-60 Meter breiter Ring aus Gärten, der keine Bebauung aufweist. Sowohl westlich als auch östlich davon reicht die Wohn- und Nutzbebauung hingegen in die Aue hinein bis an die Ufer von Weibersbach und Kahl. In dieser Parzellenstruktur, die im Osten - auf der Seite des Schlossgartens - teilweise bis heute besteht, hat sich augenscheinlich ein vormaliger Wassergraben erhalten.
Diese Indizien machen die These eines mindestens ins 16. Jahrhundert, vielleicht sogar bis ins 13./14. Jahrhundert zurückreichenden Vorgängers des Schlosses äußerst plausibel. Ein hieb- und stichfester Beweis ist allerdings noch nicht erbracht.
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Bau- und Besitzgeschichte
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Das Barockschlösschen in seiner heutigen Form wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Die genaue Bauzeit wie auch die Bauherren sind bislang allerdings nicht bekannt. Dendrochronologische Untersuchungen haben zumindest gezeigt, dass das Holz des im Original erhaltenen Dachstuhls 1730 gefällt worden ist. Der zweigeschossige Bau mit Mansarden-Obergeschoss und oktogonalen Ecktürmen besitzt sieben Fensterachsen in der Breite und drei in der Tiefe. Ursprünglich waren der westseitige Vordereingang und der östliche Hintereingang durch eine durchgängige Diele verbunden, die das Erdgeschoss in einen nördlichen und südlichen Teil trennte. Im Obergeschoss ist diese Diele als säulengetragene Halle gestaltet, die zum Garten auf der Rückseite erkerartig auskragt.
Das Anwesen wechselte mehrmals die Besitzer, stets adelige Familien. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befand es sich im Besitz des aus Willingshausen in Westfalen stammenden Ferdinand Kaspar Josef Freiherr von Wrede und wurde als Schlossgut bewirtschaftet. 1862 erwarb es der - bürgerliche - Frankfurter Ratsherr und Tuchhändler David Domer. Für den Weinbau in Michelbach spielte er eine große Rolle, indem er durch die Neuanlage vieler Rebflächen nach modernen Prinzipien den örtlichen Winzerfamilien wichtige Impulse setzte. Domer stellte dem Landschaftsmaler August Becker, seinem Schwiegersohn, wie auch dem Frankfurter Künstler Albert Hendschel, Schwager seiner Tochter, im Anwesen ein Atelier zur Verfügung.
Die Erben von David Domer verkauften 1930 das Schlösschen mit Umfeld an die Gemeinde Michelbach, die das Hauptgebäude dann 1945 der Kirchengemeinde überließ. 1975 wurde durch die Eingemeindung von Michelbach die Stadt Alzenau Eigentümerin. Seitdem wurde das Gebäude unter anderem als Altenheim, Kindergarten oder Krankenpflegestation genutzt. 1980 richtete der Heimat- und Geschichtsverein Alzenau in den Räumlichkeiten eine heimatkundliche Sammlung ein. Seit der Generalsanierung des Gebäudes und der Außenanlagen im Jahr 2006 befindet sich das Museum der Stadt Alzenau im Schlösschen Michelbach. Die Sanierung wurde vom Bezirk Unterfranken mit dem Denkmalpreis ausgezeichnet.
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Museum der Stadt Alzenau
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Ein Rundgang durch Jahrtausende erwartet die Besucher. Einzigartige Exponate, eindrucksvolle Inszenierungen und moderne Medientechnik lassen die Geschichte Alzenaus und seiner Stadtteile erleb- und begreifbar werden. Eine Zeitleiste der Regionalgeschichte führt durch die acht Ausstellungsräume des Museums. Sie beginnt bei der geologischen Entstehung der Region und endet im Alzenau der Gegenwart.
Die nach modernen museumspädagogischen Aspekten gestaltete Ausstellung 'Regionalität und Wandel – Streifzüge durch eine Grenzregion' widmet sich der besonderen historischen Situation der Region. Diese war stets geprägt von einschneidenden Grenzlinien, regionaler Eigenständigkeit und tiefgreifenden Umbrüchen. So war die Entwicklung des nördlichen Untermaingebiets bis ins 19. Jahrhundert hinein von einem Steten Ringen um Selbstbehauptung im Spannungsfeld konkurrierender und rivalisierender Herrschaftsträger geprägt. Auch in geologischer und ökonomischer Hinsicht stellt der Raum Alzenau am Übergang des Spessarts zum Rhein-Main-Gebiet eine im Museum thematisierte Besonderheit dar.
Die Besucher können an vielen Stationen selbst aktiv werden und folgende Themenbereiche entdecken:
- Frühe Grenzverläufe
- Kampf ums Freigericht
- Lokale Geschichte(n)
- Religiöses Leben
- Politische Landschaften und Umbrüche
- Neue Möglichkeiten
- Moderne Entwicklungen
Im Obergeschoss des Schlösschens wurde ein attraktiver Veranstaltungssaal mit einem stimmungsvollen Ambiente für Kleinkunst, Kammermusik und Ausstellungen geschaffen.
Beim Besuch des Museum bietet ein Rosenspaziergang durch den Schlossgarten, wo über 100 Rosen in 55 Sorten wachsen, ebenso an wie ein Abstecher ins Museums-Café in der Remise.
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Literatur und Links
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Karl Gröber, Hans Karlinger: Michelbach.
In: Felix Mader (Hg.): Bezirksamt Alzenau. Die Kunstdenkmäler von Bayern. Regierungsbezirk Unterfranken XVI, München 1916, S. 82–84.weiterführende Links
Burglandschaft Spessart und Odenwald